Aufruf zur Aktionswoche

Frauenkampftag 8. März und jeden Tag!

#radikalselbstbestimmt 

Der Internationale Frauen*kampftag wurde schon 1910 von Clara Zetkin und der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz beschlossen. Am 8. März 1917 streikten in Sankt Petersburg die Arbeiter*innen, Soldatenfrauen* und Bäuer*innen, was am 12. März in einen Aufstand mündete und legten damit den Grundstein für die Februarrevolution. Seitdem gehen Frauen* auf die Straße, um für gleiche Rechte und ein selbstbestimmtes Leben zu kämpfen.
Ein zentraler Schauplatz feministischer Kämpfe heute ist die Forderung nach körperlicher Selbstbestimmung. Viel diskutiert wird in diesem Zusammenhang aktuell die kürzlich stattgefundene Erweiterung des Paragraphen §219. Demnach dürfen Kliniken und Ärzt*innen nun darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen – eine umfassende Aufklärung über Methoden u.Ä. ist allerdings immer noch strafbar. Paragraph 218 und 219 sind nur Paradebeispiele für den Kontext der Fremdbestimmung des weiblichen Körpers durch den Staat, das Patriarchat und das kapitalistische System.
  • ♂? ♀? scheiszegal! – für geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung!

In der patriarchalen Gesellschaft, in der wir leben, wird jede Person in die binären Kategorien Mann/Frau eingeordnet und soll sich dieser geschlechtlichen Zuweisung entsprechend anpassen. Vor allem Menschen, die die ihnen zugeordnete Kategorie ablehnen oder sich gar nicht in eine dieser einordnen wollen/können, kurz: aus der hetersexuellen Norm ausbrechen, werden diskriminiert und sind betroffen von struktureler Gewalt. Da auch unsere Vorstellung von Begehren heterosexuell struktriert ist, sind davon ebenfalls Menschen betroffen, die queere Beziehungen führen. Das Denken in eben diesen beiden starren Kategorien (männlich/weiblich) macht geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung unmöglich. Als Folgen werden beispielsweise Trans-Personen riesige Hürden auf den Weg der geschlechtlichen Angleichungen gelegt und Neugeborenen werden oft die Geschlechtsorgane operiert, wenn sie intergeschlechtlicht sind
Radikale körperliche Selbstbestimmung bedeutet für uns also auch, über das eingene Geschlecht bestimmen zu können, ebenso über das eigene Begehren – wir entscheiden selbst wen wir lieben, wann und mit wem wir Sex haben und Beziehungen führen!
  • NO BORDERS, NO NATION – unser Feminismus bleibt antirassistisch!

Obwohl es viele verbindende sexistisch-diskriminiernde Erlebnisse von Frauen* gibt, wollen wir nicht den Eindruck erwecken, Frauen* seien eine homogene Gruppe. Die Diskriminierungserfahrungen können sehr unterschiedlich sein. Frauen*, die aufgrund ihrer nicht „weißen“ Hautfarbe (Rassismus), ihrer Klasse (zb. Bildung, sozialer Hintergrund, wenig Geld), ihrer Sexualität und vielem mehr diskriminiert werden, erleben eine Mehrfachunterdrückung. Ihnen tritt jeweils  eine verschärfte Form gesellschaftlichen Hasses entgegen, sie werden unsichtbar gemacht und isoliert. Dies muss besonders in Zeiten des weltweiten Rechtsrucks, der die Ausmaße von Unterdrückung und Rassismus noch zuspitzt, in Zeiten der Festung Europa und massivem Sterbens im Mittelmeer in feministischen Kämpfen berückstichitgt werden. Gerade in den letzten Jahren wurde oft von rechter und konservativer Seite versucht, Sexismus als ein Problem anderer „Kulturkreise“ zu definieren und somit die eigene patriarchale Weltanschauung zu verschleiern. Rechter „Antisexismus“, die vermeintlich feministische Forderung nach „Schutz der Frau“, dient somit nur als Werkzeug, um ihren Rassismus zu befeuern. Patriarchale Zwänge müssen bekämpft werden, ohne rassistische Narrative zu bedienen. Im Gegenteil: Feminismus ist und bleibt antirassistisch!
  • ONE SOLUTION: REVOLUTION! Abschaffung von Patriarchat und Kapitalismus!

Auch Arbeit in der kapitalistischen Gesellschaft verunmöglicht ein selbstbestimmtes Leben: sowohl durch den Zwang zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft in der Lohnarbeit als auch in der Leistung von Reproduktionsarbeit, die geschlechtlich strukturiert ist.
In der Lohnarbeit selbst sind Frauen* noch immer materiell benachteiligt, verdienen weniger Geld als Männer für die gleiche Arbeit, werden aufgrund von (potentieller) Schwangerschaft diskriminiert und arbeiten wegen vorherrschenden Rollenvorstellungen oftmals im unterbezahlten Care-Sektor. Auch außerhalb der Lohnarbeit leisten Frauen* die meiste Care- und Reproduktionsarbeit (Kindererziehung, Haushalt, emotionale Fürsorge…) und sind somit einer Doppelbelastung ausgesetzt, die meist ungesehen bleibt, da sie sich im „Privaten“ abspielt. Das kapitalistische System ist angewiesen auf diese unbezahlte Reproduktionsarbeit, die Arbeitskraft reproduziert. Dieses System bedient sich am Körper der Frau* und bedingt somit den strukturellen Versuch der Dominierung und Disziplinierung des weiblichen Körpers.
  • NI UNA MENOS – den Feminiziden ein Ende!

Alltäglich erleben die meisten Frauen* sexualisierte Gewalt, angefangen mit objektifizierenden Kommentaren über ungewolltes Angefasstwerden oder bedrängende Situationen beim Ausgehen bis hin zu sexualisierten Übergriffen. Mit sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt haben viele Frauen* verschiedenster Klassen und kultureller Gruppen zu kämpfen und Tötungen aufgrund von Frauenhass (Femizide) sind keine Ausnahmefälle und haben strukturelle Ursachen.  Femizide sind ein globales Problem. Millionen Frauen haben täglich Angst um ihr Leben, sie werden getötet von ihren Partnern, an den Grenzen, vom Staat oder den Militärs oder sterben in Folge von Armut. 
 Wir stellen uns also die Frage, ob überhaupt jemand, aber speziell FLTI*-Personen, in unserer Gesellschaft selbstbestimmt leben kann. Unserer Auffassung nach ist das in dieser von kapitalistischer und patriarchaler Logik so tief durchdrungenen Gesellschaft so gut wie unmöglich. Dies zeigt sich in den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens: angefangen damit, dass der Staat immernoch die körperliche Selbstbestimmung aller Frauen* durch die Paragrafen 218 und 219 einschränkt, über ständig stattfindende, menschenverachtende Abschiebungen, Residenzpflicht für Geflüchtete und Meldeauflagen für Kriminalisierte, in der enormen alltäglichen Gewalt, die gegen Frauen* und LGBTQs gerichtet ist bis hin zu dem kapitalistischen Produktionszwang, dem wir alle unterworfen sind.
 
Wir fordern also nicht nur Selbstbestimmung, welche uns in den gegeben Verhältnissen sowieso nicht erreichbar scheint, sondern wollen ebendiese  Verhältnisse, die uns in diese passive Position zwingen, beenden und etwas Neues schaffen. Eine Gesellschaft, in der Selbstbestimmung mehr als nur eine Floskel ist, in der sich  Menschen frei von Zwängen begegnen und bewegen können und kollektiv Verantwortung füreinander übernehmen.
Unser Feminismus ist antirassistisch und klassenkämpferisch! Wir sind wütend und haben es satt immerzu bloß als Frau* gesehen zu werden und rufen Menschen aller Geschlechtsidentitäten dazu auf, sich unserem Kampf anzuschließen.  Frauen*kampftag ist eben nicht nur einmal im Jahr, die meisten von uns kämpfen jeden Tag. Das wollen wir mit der Aktionswoche symbolisch aufzeigen. Ganz egal ob glitzernd oder militant, wichtig ist der Widerstand! Macht eure Kämpfe sichtbar, seid wütend und zeigt das! Überlegt euch Aktionen und lasst euch nicht erwischen. Vom 04.-08. März wollen wir dazu aufrufen zu kämpfen, haltet die Augen und Ohren offen nach möglichen Aktionszielen und Aktionsankündigungen. Wir wollen alles Geschehene auf radikalselbstbestimmt.noblogs.org sammeln und veröffentlichen, um eine größere Sichtbarkeit zu schaffen. Schickt uns also eure Bilder/Texte/Infos verschlüsselt unter radikalselbstbestimmt@riseup.net und benutzt den Hashtag #radikalselbstbestimmt auf social Media.